Sonntag war ich in einem bekannten Bremer Café, sehr schön gelegen, Kaffeetrinken und Kuchen essen. Wir waren froh, bei dem schönen Wetter noch einen Tisch auf der Terrasse zu ergattern. Und dann begann das Warten. Bestimmt zehn Minuten dauerte es, bis ein Kellner an uns vorbeiflitzte und sagte „Sie haben bestimmt schon bestellt, oder?“. Vorher beobachteten wir einen seiner Kollegen, wie er an einem benachbarten Tisch abkassierte, ohne uns eines Blickes zu würdigen oder gar wahrzunehmen. Eine andere Servicekraft machte emsig sauber, stapelte Aschenbecher aber zeigte kein Interesse an uns. Der Bestellvorgang war dann auch eher aus der Kategorie „wenn es denn sein muss“, der äußerst leckere Kuchen wurde relativ unzeremoniell auf den Tisch geknallt, ebenso unser Tee. Die Sonne schien, das lebhafte Treiben bot Unterhaltung und der Kuchen war groß und köstlich, so dass wir eine wundervolle entspannte Zeit dort genießen konnten. Aber wirklich willkommen und als Kunden wertgeschätzt haben wir uns nicht gefühlt. Vielleicht nehme ich die Bäckerin oder den Bäcker des Kuchens mal aus diesem harten Urteil aus. Insgesamt aber: Chance verpasst!

Sabine Hübner, bei mir heute im Podcast Interview, spricht von Service als von einer Haltung, einer inneren Einstellung, die einen klaren Fokus hat: den Kunden zufrieden zu stellen, ihn zu begeistern. Darauf ist das gesamte Handeln, das Verhalten aller Akteure ausgerichtet. Den Kunden positiv überraschen ist das primäre Ziel von Menschen, die eine solche Haltung haben.

Über Taxifahrer wird ja viel geklagt. Ich könnte auch ein Lied davon singen. Viel präsenter sind aber die Taxifahrer, die für mich zu Freunden geworden sind. Ich habe einen in Wien, der mich immer, wenn ich dort bin (schon viel zu lange her!) vom Flughafen abholt und dorthin bringt, wo immer ich in dieser wunderbaren Stadt hinfahren muss. Herr Meduna hat mich schon 2002 mit seinem Service überzeugt, seitdem fahre ich mit ihm. Luki aus Tschechien war jahrelang einer meiner Taxifahrer in München. Er ist ein guter Freund geworden, ich habe ihn schon in seiner Heimat besucht. Herr Jaf ist nach Lukis Rückzug aus dem Taxigeschäft meine Nummer 1 in München, weil er zuverlässig ist, immer pünktlich und weil wir uns immer hervorragend unterhalten. Er würde mir nie ein schlechtes Gefühl vermitteln, weil die Tour „zu kurz“ ist. Alle drei haben gemeinsam, dass sie eine ausgeprägte Servicehaltung haben. Ihnen ist es in allererster Linie wichtig, dass ich mich wohlfühle, wenn ich mit ihnen fahre. Das zieht mich an und hält mich auch über Jahre als treuen Kunden.

In der Gastronomie fallen mir auf Anhieb eine Reihe von Beispielen ein, die mich begeistern. Das letzte Restaurant, das mich „weggeflashed“ hat, war das Düsseldorfer Sternelokal Fritzes Frau Franzi im Boutiquehotel „The Fritz“, kurz vor der Coronakrise im Februar. Ich war dort und wollte nur noch etwas arbeiten und etwas zu trinken bestellen. Dann dachte ich („bin doch Genussmensch“) auch wenn ich keinen Hunger habe – einen kleinen Blick auf die Karte sollte ich mir doch schon genehmigen. Wann sitzt man schon zufällig im Gastraum eines Restaurants mit einem Michelin Stern? Die Neugier siegte und ich bekam die Karte sehr freundlich überreicht. Ich war überrascht, dass die Preise nicht wirklich so viel höher waren als in anderen Lokalitäten in der Umgebung. Ich beschloss, dass ich mir zumindest einen Gang gönnen würde und bestellte. Dazu einen Riesling. Was dann passierte war für mich das beste Beispiel für eine magnetische Service-Haltung: Ich bekam ein „Amuse gueule“ serviert, das vom Umfang und der Präsentation eher einer Vorspeise glich. Traumhaft! Die Hauptspeise war nicht groß aber ein unvergleichlicher Genuss. Der Wein war ein Gedicht und so exzellent passend zum Essen, dass ich mich immer noch an den Geschmack erinnern kann. Die Kellnerin (was für eine Untertreibung – die Dame leitet das Restaurant zusammen mit dem Sternekoch) fragte dann sehr zuvorkommend und genau im richtigen Moment ob ich denn noch einen Nachtisch haben wollte. Da ich schon vor dem Essen satt gewesen war, verneinte ich freundlich, bat aber um einen Espresso zum Abschluss. Zum Espresso bekam ich ein wunderbarstes Beispiel höchster Konfiseriekunst als weiteren Gruß aus der Küche serviert. Wiederum vom Umfang her (3 Schokoladenkugeln mit flüssigem Inhalt, in drei Varianten) eher eine Nachspeise als eine kleine Süßigkeit zum Kaffee. Das alles war von einem so außerordentlich angenehmen Service eingerahmt, dass mir klar wurde: In diesem Lokal haben alle, die hier arbeiten nur eines im Sinn – den Kunden zufrieden und glücklich zu machen. Absolut magnetisch. Eine 10 auf der 10er Skala auf die Frage: Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie dieses Lokal Freunden, Bekannten, Kollegen weiterempfehlen? 0 = extrem unwahrscheinlich, 10 = sehr wahrscheinlich. Noch am gleichen Abend schrieb ich eine ausführliche Rezension auf TripAdvisor.

Mindestens zwei Personen hatten diese Haltung im Düsseldorfer Spitzenlokal: der Küchenchef und die Restaurantchefin. Mein Eindruck war, dass diese Haltung auch auf das übrige Personal im ganzen Haus abfärbte.

In fast jeder Branche und jedem Geschäftsbereich ist es möglich eine Servicekultur zu entwickeln. Auch innerhalb von Unternehmen können wir gegenseitig eine Haltung einnehmen, die eine benachbarte Abteilung oder Bereich als Kunden sieht und sich zum Ziel setzt, diese Kunden zu begeistern. Führungskräfte können „Servant Leadership“ vorleben und werden dadurch Achtung, Respekt und Autorität gewinnen, obgleich das für manchen paradox klingt.

Meine australische Kollegin Jaquie Scammell, Serviceexpertin, beschreibt die Chance, die wir alle haben, die in irgendeiner Art und Weise anderen Service bieten so: „Die Art und Weise wie Sie jeden Tag mit Menschen interagieren und Einfluss auf sie nehmen – seien es Kollegen, Kunden, Teammitglieder oder der Chef  – wird diese Menschen entweder auf einen Weg zum Glück lenken oder auf einen Weg zum Elend.“ Das ist vielleicht dramatisch ausgedrückt, aber im Kern wahr. Sie schreibt weiter „Egal wie klein und unbedeutend die Mensch-zu-Mensch Interaktion zu sein scheint – wie Sie Menschen in jedem beliebigen Moment behandeln, hängt noch Stunden, Tage, Wochen in der Luft. Es wird der Grund dafür sein, warum Menschen zurückkommen, warum Menschen gerne mit Ihnen oder für Sie arbeiten. In manchen Fällen ist es der Grund, warum Menschen Sie verlassen.“

Servicehaltung fängt bei Ihnen als Unternehmer und Entscheider an. Sie können diese Haltung vorleben und durch Ihr Verhalten im Alltag das Beispiel geben, das sich dann multipliziert, weil Sie ihre Kolleginnen, Mitarbeiter und Partner anstecken.

Meine Tipps der Woche

  1. Führen Sie sich Ihre aktuellen Top 3 Service Erlebnisse vor Augen und überlegen Sie: Was kann ich für mich, für meine Servicehaltung daraus lernen?
  2. Was erwarten meine Kunden, Mitarbeiter, Kollegen von mir – und was kann ich tun, um ihre Erwartungen zu übertreffen, sie zu begeistern?
  3. Wo sehe ich in meinem Team, meiner Organisation Beispiele für eine positive, beispielhafte Servicehaltung? Geben Sie dem Team-Mitglied konkretes, positives Feedback im Sinne von positiver Verstärkung!
  4. Hören Sie sich unbedingt den Podcast mit Sabine Hübner an, Service Expertin Nr.1 im deutschsprachigen Raum.

Ich wünsche Ihnen eine wunderbare Woche mit vielen positiven Serviceerlebnissen.

Herzlichen Gruß

Christian Conrad

P.S.: wenn Sie mögen, hören Sie in meinen Podcast rein. Wenn er ihnen gefällt freue ich mich über eine positive Bewertung und natürlich darüber, wenn Sie mir folgen. Und selbstverständlich auch für ihr positives wie kritisches Feedback. Die nächsten drei Episoden sollten Sie sich nicht entgehen lassen.

HEUTE MONTAG 20.7. #17 Interview mit Sabine Hübner: Was Innen nicht glänzt kann Außen nicht funkeln – Eine Servicekultur entwickeln

https://podcasts.apple.com/de/podcast/17-interview-mit-sabine-h%C3%BCbner-was-innen-nicht-gl%C3%A4nzt/id1520210824?i=1000485477023

https://open.spotify.com/episode/3KGiHXo277oyc7sphvRDJP?si=qAvTaLbITmqyRUaYPJtbPw

MITTWOCH 22.7. #18 Nachhaltigkeit und Unternehmenskultur

https://podcasts.apple.com/de/podcast/18-nachhaltigkeit-und-unternehmenskultur/id1520210824?i=1000485809494

https://open.spotify.com/episode/0ysfnmFu4ae6Y8ckwbjpkq?si=U60cBqTURiut0oNfBrahvw

DONNERSTAG 23.7. #19 Interview mit Olaf Schild: Wachstums Booster

https://podcasts.apple.com/de/podcast/19-interview-mit-olaf-schild-wachstums-booster/id1520210824?i=1000485850621

https://open.spotify.com/episode/0t7ALjn5FY668ywwlXDfPT?si=DQlY_yfGQo2dpKHTobl5Kg

 

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