Wie oft höre ich von Führungskräften, dass sie „keine Zeit“ haben. Wenn wir dann anfangen zu arbeiten, stelle ich über eine einfache Abfrage fest, dass die allermeisten mindestens 50% ihrer Zeit mit Aktivitäten verbringen, die nicht wichtig sind und damit keinen oder wenig Wert schaffen. Die Hälfte der Zeit wird mit anderen Worten verschwendet, trägt nicht zur Zielerreichung bei. Und löst das Gefühl aus, mit viel Aufwand, wenig zu erreichen. Anders ausgedrückt: die vielbeschäftigte Führungskraft kommt erschöpft nach Hause, und der Partner oder die Partnerin fragt: „Und, Schatz, wie war dein Tag?“ – „Es war unheimlich viel los, ein sehr intensiver und voller Tag!“ – „Und – was hast du geschafft?“ – „Hm…, gute Frage!“
Fakt ist: dieses Gefühl allein kostet viel Energie und kann zu Frustration und Demotivation führen. Eine Unternehmenskultur, in der kontinuierlich diese Frustration genährt wird, hat viel Potenzial, magnetischer, attraktiver zu werden.

Was sich in meiner Arbeit mit Hunderten von Coachees und Trainingsteilnehmern herauskristallisiert hat, ist, dass es vier wesentliche Aktivitäten gibt, bei denen die Zeit „verloren“ geht. Mein Coach und Mentor nannte sie „Die 4 Reiter der Zeitverschwendungs-Apokalypse“:
1. Meetings/Besprechungen
2. E-Mails
3. Unterbrechungen
4. Reporting
Welche Bedeutung die 4 Kategorien für den einzelnen Mitarbeiter oder die einzelne Führungskraft haben, kann sich von einem Unternehmen zum anderen stark unterscheiden. In größeren Unternehmen sind es oft stärker Meetings und E-Mails, die als die „großen Zeitfresser“ identifiziert werden. Unterbrechungen sind in vielen kleineren Unternehmen, deren Prozesse und Systeme nicht genauso weit entwickelt sind, meist die Haupttreiber für Zeit- und Produktivitätsverluste.

Die „4 Reiter“ lassen sich in folgendem Modell darstellen:

 

Wir unterscheiden zwischen terminierten und unterminierten Aktivitäten einerseits und Aktivitäten, die alleine vs. gemeinsam mit anderen getätigt werden, andererseits.
In Workshops lasse ich die Teilnehmer Tipps erarbeiten, wie sie die „4 Reiter“ reduzieren können. Sie sollen dann einschätzen, wie viel Zeit sie durch Anwendung ihrer eigenen Tipps einsparen können. Die Sammlung an Tipps zeigt in der Regel, dass das Wissen weitgehend vorhanden ist, es also eher an der Umsetzung hapert. Einsparen lassen sich im Durchschnitt 10 Stunden pro Woche. Setzt man einen rechnerischen Stundensatz von 100€ pro Stunde an, kommt man auf ein Potenzial von mindestens 1000€ pro Führungskraft und Woche. Hochgerechnet auf 40 Wochen (Gesamtjahr abzüglich Urlaub, Feiertage und möglicher Krankheit) ergibt sich ein Produktivitätspotenzial von mindestens 40.000€ pro Person. Allerdings berücksichtigt diese Rechnung nicht den Wert, der mit einem produktiven Einsatz der Zeit geschaffen werden kann – denn der ist potenziell noch weit höher.

Wenn Sie für sich herausfinden wollen, wie viel Zeit Sie im Durchschnitt durch die „4 apokalyptischen Reiter“ verlieren, stellen Sie sich die folgenden Fragen:

1. Wie viele Stunden verbringen Sie in Meetings? Wie viele dieser Stunden sind aus eigener Einschätzung produktiv?

2. Wie viele E-Mails erhalten Sie pro Tag? Wie viel Zeit benötigen Sie, um diese E-Mails gewissenhaft zu bearbeiten? Wie viele dieser Stunden empfinden Sie als produktiv eingesetzt?

3. Wie häufig werden Sie am Tag unterbrochen und aus Ihrem Arbeitsfluss gerissen? Die amerikanische Informatikprofessorin Gloria Mark hat herausgefunden, dass jede Unterbrechung uns 23 Minuten kostet, auch wenn Sie nur 2-3 Minuten lang war. Nehmen Sie also die Zahl der Unterbrechungen mal 23 Minuten. Dann wissen Sie, wie viel Zeit Sie durch Unterbrechungen verlieren.

4. Wie viel Zeit verwenden Sie pro Woche mit Reporting-Aufgaben (oder allgemeinen administrativen oder Dokumentations-Tätigkeiten). Auch hier überlegen Sie, wie hoch der Anteil an Tätigkeiten ist, die nicht oder kaum produktiv sind.

Addieren Sie die Zahl der Stunden auf und überlegen Sie, welche 5 Maßnahmen Sie ergreifen können, um diese Zahl möglichst effektiv zu reduzieren. Suchfelder sind:
– Wo lassen sich Aufgaben bündeln?
– Welche Aufgaben können Sie delegieren?
– Zu welchen Aufgaben können Sie nein sagen? Wie?
– Welche Prozesse können Sie optimieren?
Dann schätzen Sie, wie viele Stunden Sie durch Anwendung Ihrer 5 Maßnahmen einsparen können.

Zuletzt entscheiden Sie, mit welcher Maßnahme Sie anfangen. Wählen Sie die, die ihnen am leichtesten fällt und am ehesten ein Erfolgserlebnis verspricht. Setzen Sie die so lange um, bis sie zur Gewohnheit geworden ist. Dann nehmen Sie sich die nächste Maßnahme vor.

Ich freue mich über Ihre Rückmeldung!