Erinnern Sie sich an die „4 apokalyptischen Reiter der Produktivität“? Die vier Tätigkeiten, die viel Zeit kosten und wenig bringen, mit denen die meisten Führungskräfte und Unternehmer (aber auch ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) in der Regel mehr als 50% ihrer Zeit verbringen? Dringende und nicht wichtige Aktivitäten sind dies laut Coveyscher Zeitmatrix oder Eisenhower-Matrix – genannt „Q3-Aktivitäten“:

1. Meetings

2. E-Mails

3. Unterbrechungen

4. Reporting

Über Meetings habe ich in den letzten Wochen einiges geschrieben. Sie sind „zweigesichtig“, denn natürlich sind nicht alle Meetings unproduktiv. Im Gegenteil: die Produktivität von „guten“ Meetings wird sogar unterschätzt. Zugleich wird die negative Kraft von „apokalyptischen Meetings“ ebenfalls zu wenig beachtet.

E-Mails (und in diese Kategorie schließe ich auch die diversen Messenger-Dienste mit ein) wurden totgesagt und nehmen trotzdem immer noch weiter zu. Immer wieder beobachte ich, wie Führungskräfte kontinuierlich an E-Mails „grasen“, anstatt das Bearbeiten stark zu bündeln.

Unterbrechungen kosten so viel mehr Zeit, als die Meisten ahnen – 23 Minuten kostet uns laut der amerikanischen Professorin Gloria Mark jede Unterbrechung effektiv. Bündeln ist auch hier einer der Top-Tipps. Und dass das Berichtswesen in vielen Jobs zum Teil weit mehr Zeit in Anspruch nimmt, als notwendig und sinnvoll ist, ist für viele Manager Alltag.

Es gibt neben diesen vier relativ offensichtlichen „apokalyptischen Reitern“ noch zwei weitere. Den fünften möchte ich Ihnen heute gern vorstellen. Die vier ersten Reiter kosten 50% der Zeit einer typischen Woche, werden also in Stunden und Tagen gemessen. Dagegen geht es bei Reiter Nummer 5 um Wochen und Monate, die potenziell verloren gehen.

Der fünfte apokalyptische Reiter sind Missverständnisse.

Es geht also um Kommunikation. Missverständnisse entstehen, wenn wir annehmen, dass wir einander verstehen. Wir bauen auf dieses „Verständnis“ und basieren unsere Entscheidungen darauf. Wir gehen in die entsprechende Richtung und merken vielleicht erst nach Tagen und Wochen, dass die Richtung, die wir eingeschlagen haben, uns nicht zum Ziel führt.

Ich war jahrelang im Konsumgütermarketing tätig. Derartige Missverständnisse kannte ich gut: wir brieften eine Kreativagentur. Die Agentur verstand unser Briefing anders, als wir es intendiert hatten. Und weil wir es so eilig hatten, ließen wir sie ohne eine Debriefing/Creative Brief Runde arbeiten. Das Ergebnis wich dann in der Regel stark von meinen Vorstellungen ab. Nicht selten mussten wir von vorn anfangen und haben dann gerne mal zwei oder drei Wochen verloren.

Viele von Ihnen kennen solche Missverständnisse nicht nur aus der Zusammenarbeit mit externen Lieferanten und Partnern, sondern auch intern. Insbesondere an Schnittstellen zwischen Abteilungen oder Bereichen gibt es immer wieder frappierende Missverständnisse. Oft entstehen sie auch hier, weil wir annehmen, dass wir einander verstehen.

Dahinter steht das Grundproblem von Kommunikation. Wir sind so unterschiedlich, dass die Ausgangslage zwischen zwei Menschen immer das Missverständnis ist. In Workshops beweise ich das Teilnehmern immer, indem ich ihnen ein Wort gebe – meist den Unternehmensgegenstand (bei Airbus z.B. „Flugzeug“, bei Microsoft „Software“). Ich lasse sie eine Minute lang individuell Assoziationen zu dem Wort sammeln. Wenn sie dann abgleichen, wie viele Worte sie in einer 3er oder 4er Gruppe übereinstimmend haben, dann sind dies in der Regel Null Übereinstimmungen, manchmal eine. Für die meisten ist das überraschend, bestätigt aber meine These.

Um Missverständnisse zu vermeiden, muss ich das Informationspaket, das mir mein Gegenüber zugeschickt hat, wieder zurückschicken. Ansonsten weiß mein Gesprächspartner nicht, WAS bei mir angekommen ist, auch wenn ich „ja klar!“ sage. Einfühlendes oder „aktives“ Zuhören ist der Schlüssel. Ich wiederhole das Gesagte in eigenen Worten und lasse mir dann vom Sprecher bestätigen, ob ich richtig lag. Falls nein, korrigiert er mich.

Diese kommunikative „Schleife“ kostet in der Regel einen Bruchteil der Zeit, die potenziell durch ein Missverständnis verloren geht. Dennoch wird häufig Zeitmangel als Grund dafür aufgeführt, weshalb ein solcher „Briefing/Debriefing“ Prozess nicht eingeführt wird. Meines Erachtens sollten diese Prozesse intern wie extern Pflicht sein. Die potenziellen Produktivitätszuwächse durch die Einführung eines solchen Prozesses liegen im zweistelligen Bereich.

Bin gespannt auf Ihre Erfahrungen mit Missverständnissen!

Herzlichen Gruß

Christian Conrad

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