Wir tendieren dazu, das Rad immer neu erfinden zu wollen. Anders ausgedrückt: wenn wir etwas nicht selbst gefunden oder herausgefunden haben, sondern jemand anderes diese Entdeckung gemacht, die Entwicklung vorgenommen hat, dann taugt es nichts. Natürlich sind wir damit nicht allein. Im Konzernkontext habe ich diese Erfahrung immer wieder gemacht: „Nein, das geht bei uns nicht, unser Markt ist anders.“ „In France everything is different“ wären dafür Beispiele. Wir nannten die dahinterstehende Haltung das „Not Invented Here“-Syndrom. Es ist eines der größten Hindernisse für eine magnetische Unternehmenskultur.

Unsere Agentur half uns; im UK-Markt eine Marketingmechanik zu entwickeln, die sie die „Zwei-Wochen-Challenge“ nannte. Idee: Nutze das Produkt (in diesem Fall Special K) zweimal pro Tag und nimm in zwei Wochen damit ab. Das funktionierte in vielen Märkten hervorragend. Letztlich auch in Deutschland. Aber die Mehrzahl der Märkte davon zu überzeugen, dass es wahrscheinlich unabhängig von der Marktsituation funktionieren würde, dauerte mehrere Jahre.

Ein Kollege von uns wechselte zu Danone und brachte die Idee dort ein. Innerhalb von 18 Monaten wurde die Mechanik auf der Marke Actimel – etwas abgewandelt und adaptiert – in 10 oder sogar mehr europäischen und außereuropäischen Märkten erfolgreich umgesetzt. Ebenfalls als „2 Wochen Challenge“, sogar mit Geld-zurück-Garantie. Ich fragte mich, warum Danone so viel schneller war als wir bei Kellogg´s. Antwort: Sie hatten das „Not Invented Here“-Syndrom als Problem erkannt. Der CEO hatte dafür gesorgt, dass jeder General Manager das Adaptieren von guten Ideen („Best Practice“) als eines seiner bonusrelevanten Ziele in die Jahresvereinbarung geschrieben bekam. Das heißt: Die Märkte hatten starke Anreize, nach erfolgreichen Mechaniken in anderen Märkten zu suchen und diese für sich umzusetzen.

Genau das tun magnetische Unternehmen. Sie agieren nach dem Motto „Adapt and Adopt“ oder „Besser gut kopiert, als schlecht selbst gemacht“, und sind dadurch schneller in der Umsetzung guter Ideen. Das heißt nicht, dass man nicht auch eigene gute Ideen entwickeln kann und soll. Wenn jedoch der Fokus auf der Suche von „Best Practice“ liegt, innerhalb oder außerhalb einer Organisation, dann werden wir schneller und senken das Risiko, Flops zu produzieren und steigern unsere Erfolgswahrscheinlichkeit.

Adapt or adopt heißt: zu fragen – wer hat das, was ich vorhabe, bereits gut und erfolgreich umgesetzt? Wie kann ich von dieser Person oder dieser Organisation lernen? Wie kann ich das Erfolgsmodell adaptieren, auf meine Situation anpassen?

Adapt or adopt heißt auch: ich schlucke meinen Stolz runter, originell sein zu müssen/zu wollen. Auch wenn ich Dinge aktuell so mache, wie ich sie mache – warum probiere ich den Erfolgsweg des/der anderen nicht mal aus und schaue, was dabei herauskommt?

Adapt or adopt bedeutet, dass ich schneller werde und somit wettbewerbsfähiger.

Was hat das mit Unternehmenskultur zu tun?
Beides ist eine Haltung: Adapt or adopt ist eine Haltung. „Not Invented Here“ ist ebenfalls eine Haltung. Die eine ist effektiv, die andere nicht. Adapt or adopt steht für Cooperation and Collaboration – Not Invented Here steht für Wettbewerb. Wettbewerb innerhalb einer Organisation ist nie effektiv. Anreize zu schaffen, die die Kollaborationsbereitschaft erhöhen, ist hingegen enorm wichtig.

Wie können Sie „Adapt or adopt“ für sich, in Ihrem Team, in Ihrer Organisation umsetzen? Und damit die Geschwindigkeit erhöhen und dabei die Kosten senken?

  1. Identifizieren Sie Stärken und „Best Practice“. Sie tun dies am ehesten durch „Positive Verstärkung“, indem Sie den Fokus auf die Dinge legen, die gut laufen.
  2. Prüfen Sie Ihre Anreizsysteme und sorgen dafür, dass es sich lohnt, Gutes zu kopieren, zu adaptieren, zu skalieren, zu multiplizieren. Stellen Sie sicher, dass „das Rad neu erfinden“ nicht belohnt wird.
  3. Sorgen Sie dafür, dass Prozesse, Ansätze, Konzepte, die sich bewährt haben, in der Organisation kommuniziert werden. Gerade in großen Unternehmen ist dies eine echte Herausforderung. Wie wird bei Ihnen Wissen gesammelt („Knowledge Management“) und geteilt?
  4. Unterbinden Sie Wettbewerb in Ihrer Organisation. Wettbewerb führt dazu, dass Informationen für sich behalten werden und „Best Practice“ weder geteilt noch adaptiert wird.
  5. Überprüfen Sie relevante Schnittstellen auf ihre Informationstransparenz und erhöhen Sie diese, wo es notwendig ist.

All das braucht natürlich etwas Zeit. Und: hinter Adapt or adopt vs. Not Invented Here steckt eine Haltung. Daher fangen Sie in jedem Fall selbstkritisch bei sich an. Welche Haltung haben Sie? In welchen Verhaltensweisen drückt sie sich aus? Wie können Sie „Adapt or adopt“ konkret umsetzen und dann in der Folge andere dabei ermutigen, es Ihnen gleich zu tun?

Der Effekt wird eine erhöhte Geschwindigkeit sein und hoffentlich ein noch motivierteres Team/Organisation.

Ich wünsche Ihnen eine sehr erfolgreiche neue Woche.

 

Herzlichen Gruß

Christian Conrad

PS: UC Unternehmer-Kongress am 21. November 2020 in Weißenburg
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